Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
RIGOLETTO
(Giuseppe Verdi)
Besuch am
25. Januar 2016
(Premiere am 20. Dezember 2014)
Diese Bühnenbilder sind so abgrundtief hässlich, alle mit Unmengen von Dreck und Müll bedeckt, dass man ihnen aber auch gar nichts abgewinnen kann und sich an sie einfach nicht gewöhnen will. Diese garstige Ausstattung von Giuseppe Verdis Rigoletto, der Ende 2014 an der Wiener Staatsoper Premiere hatte,stammt von Christof Hetzer. Zu sehen sind: Eine Stiege, die zu einem goldenen, heruntergekommenen Kubus führt, von einem Palast ist natürlich keine Spur. Dann sieht man eine Art hölzernen Vogelkäfig, es ist die Wohnung von Rigoletto, ein winziges Zimmerchen, eigentlich das Gefängnis für Gilda, das von oben herabschweben kann und von einer dunklen Wolke getragen wird. Ein Garten mit verdorrten Bäumchen und Plastikmüllsäcken wie auch einer trostlosen Blechkiste, es ist das Haus von Sparafucile, das an einen Totenkopf erinnert, begeistern auch wenig.
Darin zeigt Pierre Audi eine recht konventionelle Inszenierung mit einer orgiastischen Party zu Beginn, in welcher die Personen nicht immer logisch und nicht besonders geschickt geführt werden. Es ist eine völlig heruntergekommene, dekadente Gesellschaft, die man in dieser populären Oper aus Verdis mittlerer Schaffensperiode, die ja bekanntlich der trilogia populare angehört, an der Wiener Staatsoper sieht. Besser anzusehen sind die alten, durchaus geschmackvollen, historischen Kostüme.
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Während vor einem guten Jahr über dem Titelhelden der Premiere Simon Keenlyside Monterones Fluch zu schweben schien und er wegen einer massiven Indisposition das Handtuch schmeißen musste, passt diesmal die Besetzung überwiegend: Carlos Álvarez ist nach längerer Abwesenheit wieder im Haus am Ring und im Vollbesitz seiner sängerischen Fähigkeiten: Kraftvoll mit makellosem Schöngesang singt er den Hoffnarren berührend mit allen Seelenregungen. Besonders bei seinen Begegnungen mit seiner Tochter weiß er gesanglich fassettenreich ungemein zu berühren. Darstellerisch wirkt er mit seinem nackten Oberkörper und mit seiner geschminkten und mit zusätzlichen Haaren versehenen Wirbelsäure regelrecht animalisch. Er ist als geistig „gestörter“ und körperlich behinderter Hofnarr gezeichnet, der nicht nur die Zunge zeigt, sich immer wieder frenetisch kratzt und auch mit obszönen Gesten nicht spart. Der schlank- und hellstimmige Herzog Juan Diego Flórez, der an Eleganz und Stimme an den unvergessenen Alfredo Kraus erinnert, ist nicht unbedingt ein Draufgänger und schon gar kein Brutalist. Er kann alle geforderten reichen Verzierungen mit reinster Vokalartistik fein und filigran präsentieren und unterschiedlichste Farben und Finessen einbringen.
Mädchenhaft, innig, fast engelgleich, nur selten etwas zu gekünstelt singt Olga Peretyatko die Gilda mit saubersten Koloraturen und dunklen Farben im tieferen Register. Nur manchmal singt sie ihre Spitzentöne zu kurz an. Ain Anger ist ein etwas zu derb orgelnder Sparafucile, der nicht wie ein Bandit wirkt, sondern wie ein Gelehrter einer Universität ausstaffiert ist. Nadia Krasteva ist eine verführerische, hocherotische Maddalena mit dunklem Mezzo. Bei den vielen kleineren Partien fällt noch Sorin Coliban als stimmgewaltiger Monterone auf. Stimmkräftig vernimmt man auch den Chor des Hauses, dessen Einstudierung Martin Schebesta besorgte.
Evelino Pidò lässt im Wiener Staatsopernorchester zügig und dramatisch zugespitzt musizieren. Er nimmt immer Rücksicht auf die Sänger und lässt viele betörende, lyrische Momente und reiche Farbvaleurs zu.
Zum Finale gibt es viel Applaus und Bravi für die Sänger und den Dirigenten.
Helmut Christian Mayer