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STORMY INTERLUDE
(Max Brand)
Besuch am
5. Juni 2016
(Premiere am 21. Mai 2016)
Sie langweilt sich entsetzlich. In einem Gasthaus in der Einsamkeit irgendwo in den amerikanischen Bergen passiert einfach nichts, und jeder Tag läuft gleich ab. Mona, deren Mutter Alkoholikerin ist, ist verzweifelt ob ihrer Unentrinnbarkeit und verliert sich in ihren Träumen. Bis plötzlich ein wildfremder Mann im Raum steht und Zuflucht sucht, in den sie sich sofort verliebt als er die gleichen Worte wie sie zuvor über Glück und Sehnsucht zu ihr sagt. Doch das Glück währt nur kurz, denn Willy the Charmer ist ein gesuchter Verbrecher und wird von der Polizei bald verhaftet: Mona bleibt wieder einsam zurück.
Von dieser Dreierkonstellation handelt Stormy Interlude von Max Brand, einem verfemten und von den Nazis verfolgten Komponisten, der diese vergessene Oper 1955, seine letzte, in seinem amerikanischen Exil geschrieben hat. Vom wenig erfolgreichen und heute kaum mehr bekannten österreichischen Komponisten, der von 1896 bis 1980 lebte, ist vielleicht noch einigen wenigen sein einziger wirklicher Erfolg, nämlich seine Oper Maschinist Hopkins aus dem Jahr 1929 bekannt.
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Das Salzburger Landestheater wagt sich nun an die szenische Erstaufführung dieses Einakters, dessen englisches Libretto ebenfalls vom Komponisten stammt. Es war dies ein besonderes Anliegen der jungen Musikdirektorin des Hauses, Mirga Grazinyté-Tyla, die diese Rarität selbst ausgegraben hat. Kommende Saison wird sie übrigens Chefin des City of Birmingham Orchestra. Max Brands Musik, der irgendwie der eigene Stil fehlt, klingt wie eine gekonnte Mischung aus Mahler, Schoenberg, Schreker und Britten. Sie wird, wie vom Komponisten erdacht, von einem kleineren Ensemble des Mozarteum-Orchesters Salzburg unter ihrer Leitung mit kammermusikalischer Durchsichtigkeit, feinen Nuancen, großer Subtilität und Präzision interpretiert. Um die Oper zeitmäßig noch etwas zu strecken, wird von der Dirigentin noch das Instrumentalstück des Komponisten Eine Nachtmusik in den Ablauf eingefügt.
Gesungen und gespielt wird im Ensemble exzellent: Hannah Bradbury leistet als junge Mona Außerordentliches. Sie singt und spielt die junge frustrierte Frau intensiv und ausdrucksstark. Frances Pappas ist ihre Mutter, eine verstörte femme fatale, ihre Mit- und Gegenspielerin, und singt mit klaren Tönen. Jason Cox ist der profund singende, irritierende Fremde mit verführerischem Charme. Untadelig sind auch die beiden Polizisten Raimundas Juzuitis und Elliot Charlton Hines, namens Elmer, mit dem Mona nach dem Willen ihrer Mutter eigentlich verlobt ist, von dem sie aber nichts wissen will.
Was diese Opernproduktion aber zudem in den Bereich des Außergewöhnlichen hebt, ist die szenische Umsetzung: Amélie Niermeyer zeigt die öde Langweile durch eine am Beginn mit Penetranz sich x-mal wiederholende gleiche Szene. Dann macht die Regisseurin auf dem sich immer wieder auf der Drehbühne bewegenden und perspektivisch verschachtelten Bühnenbild von Maria-Alice Bahra und Jan Alexander Schroeder, das dreimal das gleiche Zimmer in schwarz-weißen Tönen zeigt, aus dem Plot einen Thriller à la Hitchcock mit wehenden Vorhängen und zu den Musikausbrüchen passenden Lichteffekten.
Aber was macht man, wenn eine Oper keine abendfüllende Länge hat? Man spielt sie einfach zweimal hintereinander, wobei der Fremde in der Reprise des zweiten Teils verzehnfacht wird. Chapeau für den dabei solistisch exzellent singenden Männerchor des Hauses. So verdichtet sich die Dramatik der Story enorm und wird zu einem packenden Psychokrimi, ja Albtraum, während man im TV im Hintergrund ständig sieht, wie Humphrey Bogart Lauren Bacall küsst. Die ausnahmslos famosen Singschauspieler werden dabei mit beängstigender Stringenz und Knappheit geführt.
Am Schluss gibt es heftigen Applaus des sehr interessierten Publikums, das den Saal aber nicht vollständig füllt.
Helmut Christian Mayer