Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
RHAPSODIE UND RUMBA
(Robert North)
Besuch am
23. Februar 2016
(Premiere)
Dass das Theater Krefeld Mönchengladbach ungeachtet aller finanzieller Zwänge zu den Theatern des Landes gehört, die stärkere innovative und experimentelle Impulse ausstrahlen als die meisten großen Häuser der theaterreichen Region an Rhein und Ruhr, ist auch das Verdienst der 14-köpfigen Tanz-Compagnie, mit der Robert North seit 2007 erfolgreich arbeitet. Dabei gelingt ihm geschickt der Spagat zwischen modernen Akzenten und Unterhaltungswerten, die ihm das Publikum mit einer hohen Platzausnutzung dankt. Ganz nach dem Geschmack breiter Besucherschichten ist das neueste, dreiteilige Programm ausgerichtet, das unter dem Titel Rhapsodie und Rumba drei Choreografien Robert Norths von denkbar unterschiedlichem Zuschnitt vereinigt.
Ein neues Kapitel der Tanzgeschichte möchte North damit nicht aufschlagen. Im Mittelpunkt aller Stücke steht eine unbändige Freude an der Bewegung, die sich am originellsten in Norths Neufassung von Boom Boom niederschlägt. Eine halbstündige Sequenz kleiner Episoden zu Blues-Klassikern von John Lee Hooker, B. B. King und anderer Legenden. Verspielt, teils clownesk, virtuos und sinnlich breitet North für die kleinen Liebeleien und Revue-Nummern ein beachtliches Reservoir an Bewegungsformationen aus, das das Ensemble mit sichtlicher Freude und beachtlicher Präzision umsetzt. Die Kostüme von Udo Hesse präsentieren sich so fantasievoll, dass er auf ein Bühnenbild verzichten kann und sich mit einer leeren schwarzen, allerdings geschickt ausgeleuchteten Bühne begnügt.
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Romantischer als in der bereits vor dreizehn Jahren konzipierten Blues-Show geht es in der Uraufführung der Rhapsodie zu, in der Orth die Wonnen und Schmerzen der Liebe erheblich konventioneller ausgedrückt. So putzig die Rahmenhandlung, in der sich ein unbekanntes Zuhörerpaar während eines Klavierabends näherkommt und in eine von Liszts Musik entflammte Fantasiewelt eintaucht, so sehr begnügt sich North mit Standards des klassischen Tanzes, ohne dem Stück einen nennenswerten individuellen Schliff zu geben. Es ist gewiss von Vorteil, wenn die Musik live auf dem Klavier gespielt wird und das Instrument auf einem verschiebbaren Podium einen interessanten Blickfang bietet. Wenn die Auswahl der Stücke freilich hauptsächlich den hypervirtuosen Liszt berücksichtigt und Pianist André Parfenov die Stücke in Grund und Boden hämmert, wird der Blick auf die poesievollen Elemente der Choreografie arg getrübt. Ein wenig Ruhe kommt fast nur im Pas de Deux von Victoria Hay und Takashi Kondo zu Liszts Sospiro auf.
Nach der verspielten Blues-Nummer und der etwas blassen Rhapsodie geht es im letzten Teil erheblich strenger zu. Rumba nennt Robert North den Mix aus Jazz und Flamenco zu Klängen von Simon Rogers und Paco de Lucia. Hier herrscht die Strenge des Flamencos, die durch die Musik, aber auch durch die hellen, pastellfarbenen Kleider der Damen etwas aufgeweicht wird. Immerhin begnügt sich North hier nicht mit den konventionellen Bewegungsmustern der Rhapsodie, sondern verleiht dem Stück durch Flamenco-Einflüsse eine persönliche Note.
Sowohl was Einzelleitungen als auch die Ensemblearbeit angeht, kann sich der Chefchoreograf auf eine technisch vorzüglich geschulte und hoch motivierte Compagnie stützen, mit der er am 8. Mai sein abendfüllendes Ballett Eine Frau ohne Namen zur Musik von Howard Blake zur Uraufführung bringen wird.
Das Publikum reagiert äußerst dankbar und begeistert auf den unterhaltsamen Abend.
Pedro Obiera