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Aktuelle Aufführungen
MARIKEN IN DE TUIN DER LUSTEN
(Calliope Tsoupaki)
Besuch am
3. November 2015
(Premiere am 11. Oktober 2015)
Alte Stoffe in nicht mehr ganz jungem musikalischem Gewande gehörten bisher zur Domäne der ehrgeizigen niederländischen Operntruppe Opera2Day. Ein privates, durch Sponsoren getragenes Unternehmen mit Stammsitz in Den Haag, das in der Regel 16 Städte des Landes bereist. Der Vorliebe für alte, mythische Themen ist man auch in der jüngsten Produktion treu geblieben, Mariken in de tuin der lusten – Mariechen im Garten der Lüste – aus der Feder der Komponistin Calliope Tsoupaki. Ein dreistündiges Bühnenwerk, das Anfang Oktober in Den Haag uraufgeführt wurde.
Die Handlung kreist um die in den Niederlanden bekannte Legende um Mariken, die im 16. Jahrhundert sieben Jahre lang mit dem Teufel zusammengelebt haben soll. Karim Ameur und Regisseur Serge van Veggel bastelten aus einer 1515 veröffentlichten Dichtung ein Libretto, das Mariken auf der Suche nach dem persönlichen Glück zeigt, wobei sie in die Fänge des teuflischen „Moenen“ gerät. Nach sieben von Tod und Verwüstung geprägten Jahren empfindet sie Reue und bemüht sich, den Weg der Tugend zu finden. Nach Anweisung des Papstes verbringt sie, an Händen und Hals gefesselt, den Rest ihres Lebens in einem Kloster. Die Fesseln fallen erst nach Jahrzehnten der Buße durch göttliche Gnade von ihr ab. Erlöst stirbt Mariken.
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Zugegeben: Es ist für einen deutschen Besucher nicht immer leicht, dem niederländischen Text zu folgen, zumal die Titelpartie als Sprechrolle angelegt ist. Davon abgesehen irritiert auch der legendenhafte, ein wenig naive Duktus des Stücks, der sich auch in der Musik niederschlägt. Tsoupaki bevorzugt einen getragenen Vortragsstil, angereichert mit mittelalterlich gewürzten modalen harmonischen Essenzen. Das Ganze präsentiert sich eher in epischer Breite als in dramatischer Dichte, so dass es auch an Kontrasten mangelt. Selbst das Schaffen des Teufels wirkt zahm. Und Mariken, glänzend dargestellt durch die zerbrechlich anmutige Schauspielerin Hannah Hoekstra, wandelt wie ein entgeistertes „Käthchen von Heilbronn“ durch die Handlung. Einen Höhepunkt bildet die Aussprache zwischen Mariken und dem Papst, mit hellem Countertenor prägnant gesungen von Michael Chance.
Auch Regisseur Serge van Veggel und Bühnenbildner Herbert Janse verstehen das Werk als recht statisches religiöses Mysterienspiel, szenisch angesiedelt auf einer weitgehend leeren, raffiniert ausgeleuchteten Spielfläche.
Die aufwändige Produktion muss trotz mancher Einwände als ein verdienstvoller Beweis für die Leistungsfähigkeit der Opern-Compagnie gewertet werden. Das Gesangsensemble kann sich im Wesentlichen hören lassen. Das versierte, von Hernán Schvartzman geleitete Asko-Schönberg-Ensemble wird ergänzt durch das Blockflötentrio Tetrakty. Die Chorpartie absolviert die Cappella Amsterdam.
Freundlicher Beifall für ein ambitioniertes Projekt mit starkem nationalem Kolorit.
Pedro Obiera