Kulturmagazin mit Charakter
Asphalt-Festival 2016
Festivals gibt es in der Landeshauptstadt Düsseldorf mittlerweile ohne Zahl. Was braucht es dazu noch ein Asphalt-Festival? Diese Frage hat das Festival eindrucksvoll selbst beantwortet. Einer der Höhepunkte war sicher die Stadtbegehung Sous-Terrain. Gleichzeitig eines der wichtigsten Themen für Christof Seeger-Zurmühlen, einer der beiden Künstlerischen Leiter des Festivals, der sich vor allem um Theater und Tanz kümmerte, während Bojan Vuletič, der andere, sich vorwiegend um die musikalische Seite kümmerte. „Das war eine umwerfende Festivalkomposition: politisch,warm, grenzenlos, mit wunderbaren Künstlerinnen und Künstlern“, fasst Vuletič sein persönliches Ergebnis des Festivals zusammen.
Während das Festival in den lokalen Medien weitgehend unbeachtet blieb, reihte sich ein Höhepunkt an den nächsten, darunter 7 Uraufführungen und 11 Koproduktionen. 34 Aufführungen an 10 Tagen zeigten ein Spektrum von Theater, Tanz, zeitgenössischer Musik über Jazz, Schauspiel für Kinder bis zu Kunst und Literatur. Etliche Altersgruppen wurden in der Ansprache berücksichtigt. Vielseitigere Festspiele muss man in Deutschland wohl suchen.
Auch in Sachen Theaterpädagogik war man hier gut aufgehoben. Es gab wohl keinen Besucher, der theoretisch nicht die Gelegenheit gehabt hätte, sich im Anschluss mit den Künstlern zu unterhalten. Ein hervorragend ausgestattetes Programmheft, gleichwohl in nahezu unleserlicher Kleinschrift, lag an jeder Spielstätte in ausreichender Anzahl kostenlos aus. Dass die Spielorte oft nur unzureichend ausgeschildert waren, führte jedenfalls nicht dazu, dass Zuschauer eine Veranstaltung verpasst hätten. Dank sei hier an besonderer Stelle den vielen Helfern gesagt, die sich gut informiert und ausgesprochen hilfsbereit zeigten.
Was in der Vorbereitung so löblich erschien, war in der Durchführung dann hier und da mangelhaft. Programmzettel für den Abend? Fehlanzeige. Da werden hervorragende Konzerte ohne jede Orientierungshilfe für das Publikum aufgeführt. Eine Annäherung an Afrika will ohne Liedtexte oder deren Übersetzung auskommen. Das ist zu wenig. Hier dürfen die Organisatoren, die ansonsten eine unglaublich gute Arbeit geleistet haben, im kommenden Jahr nacharbeiten.
Und dann werden Seeger-Zurmühlen und sein Team auch zu entscheiden haben, ob die Strategie, an möglichst vielen Spielorten in der Stadt zu agieren, weiter vorangetrieben werden wird. Denn in den Hauptspielstätten mit dem kommunikativen Zentrum des Biergartens in Weltkunstzimmer und Alten Farbwerken, die fußläufig voneinander entfernt sind, ist im Laufe der Woche eine Art Campus-Gefühl entstanden, das dem Festival eine zusätzlich besondere Atmosphäre verleiht. Das ist sicher – vor allem im Hinblick auf ein zu bildendes „Stammpublikum“ – in die Überlegungen miteinzubeziehen.
Apropos Publikum: Mehr als 4.000 Gäste konnte die vierte Ausgabe dieser Festspiele laut Angaben der Veranstalter verzeichnen. Und auch wenn manche Folgevorstellung noch nicht so gut besucht war, durften sich die Organisatoren über ein hochinteressiertes und enthusiastisches Publikum freuen, das ohne zu murren die zahlreichen Verspätungen zu Beginn der Aufführungen hinnahm.
Dass die meisten Vorstellungen dieses Sommerfestivals in geschlossenen Räumen stattfanden, erwies sich im Nachhinein angesichts eines mehr als wechselhaften Wetters als vollkommen richtige Entscheidung. Trotzdem würde man sich für die kommende Ausgabe mehr Bezüge nach draußen wünschen. Wenn das allerdings alles ist, was es zu kritisieren gibt, darf man Seeger-Zurmühlen, Vuletič und ihrem Team zu einer außerordentlich gelungenen Veranstaltung mit hohem Spaßfaktor und großem Erkenntniswert gratulieren. Die fünfte Ausgabe wird vom 14. bis 23. Juli kommenden Jahres stattfinden.
Michael S. Zerban