Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
DIE FLEDERMAUS
(Johann Strauss)
Besuch am
23. Dezember 2015
(Premiere am 18. Dezember 2003)
Bei dieser schon etwas betagten Inszenierung von Günter Krämer ist schwer zu sagen, was noch original ist. Ob das schauspielerische Timing ursprünglicher dynamischer war? Jedenfalls ist es bei dieser Wiederaufnahme etwas bleiern. Wenn es nicht die beschwingte Rettung von Stefan Lano am Pult der exzellent aufgelegten Sächsischen Staatskapelle gäbe, wäre es ein sehr langer Abend.
Regisseur Krämer entschied sich für die Originalfassung mit allen Dialogen. Da aber Opernsänger nicht unbedingt auch noch gute Schauspieler sind und vor allem heutzutage nicht zur klaren Diktion neigen, bleibt vieles unverständlich. Die Semperoper ist heuer eher eine Ausnahme, dass sie keine Übertitel zeigt, was zu einer besseren Verständlichkeit der Texte beigetragen könnte.
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Höhepunkt ist eindeutig der Ball masqué von Prinz Orlovsky. Im großem Chor – Einstudierung Cornelius Volke – und Statisterie sind Männlein wie Weiblein in Dirndl mit bauschigen Röcken von Falk Bauer ausgestattet. Übergroße Hirschgeweihe und endlose Papierserpentinen, die rote Partybeleuchtung von Jan Seeger und die semi-erotische Choreographie von Otto Pichler verleihen der Szene einen orgienartigen Charakter. Dass passt gut, da Orlovsky sich als cross-dresser Vampir entpuppt.
Bühnenbildner Gisbert Jäkel bevorzugt in dieser Inszenierung einen „bürgerlichen Sofa-Stil“ als Ausstattungsleitmotiv. Ob als hölzernes Gestell oder in plüschig gepolstertem Rot, ob klein oder übergroß, einzeln oder mehrfach, diese Möbelstücke erscheinen in nahezu allen Szenen. Sogar Rosalinde muss 18 Stufen erklimmen, um am oberen Rand der gigantischen Sofalehne anzulangen und von dort ihre Arie zu singen und gleichzeitig – rutschbahnartig – wieder auf die Bühne zu gelingen. Sie bewältigt beides bravourös.
Der dritte Akt wird vor dem eisernen Vorhang gespielt mit vielen Andeutungen diesbezüglich. Souverän und gekonnt liefert der beliebte Schauspieler Wolfgang Stumph als Frosch seine aktuellen Pointen zum großen Gefallen des Publikums.
Die Schlussszene mit Eisenstein alias Dr. Blind, Rosalinde und Alfred nimmt eine tragische Wende, als Eisenstein sowohl Alfred wie auch Rosalinde scheinbar erschießt. Just in dem Moment, in dem er sich dann selber einen Schuss setzen will, erscheinen alle Figuren in ihren Masken und erklären: Es ist ja alles nur ein Jux. Auch hier ist das Timing so ausgelegt, dass die Komik wegbleibt.
Sowohl die Rosalinde von Natalie Karl wie die Adele von Emily Dorn stellen die stimmlichen Höhepunkte des Abends dar. Dorn bringt ihre schauspielerischen und tänzerischen Fähigkeiten besonders in ihrer großen Arie im dritten Akt charmant zum Ausdruck. Im Gegensatz dazu sind die männlichen Rollen mit Jürgen Müller als Eisenstein, Sebastian Wartig als Falke und Oliver Zwarg.
Stefan Lano engagiert sich, so gut er kann, um mindestens von der musikalischen Seite dem Abend eine Johann Strausssche Leichtigkeit beizubringen. Das gelingt ihm auch hervorragend mit der gut aufgelegten Staatskapelle.
Das festliche Publikum applaudiert freundlich, besonders dem populären Wolfgang Stumph, der Staatskapelle unter dem Dirigenten Stefan Lano und der Adele von Emily Dorn.
Zenaida des Aubris