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Wenn Franzosen, Engländer und Holländer aufeinandertreffen, dann könnte es um die Fußball-Europameisterschaft gehen. Die findet ja aber bekanntlich ohne die Niederländer statt. Außerdem spielen bei Zar und Zimmermann noch die Russen eine Rolle, genauer gesagt ein gewisser Peter Michaelow, besser bekannt als Zar Peter der Große, der 1697 in Zaandam inkognito den Schiffsbau erlernt und damit internationale Verwicklungen auslöst. Albert Lortzing hat diesen Stoff eine komische Oper verwandelt, die leider viel zu selten – wie alle Werke Lortzings – auf den Spielplänen der Theater steht. Das Landestheater Detmold ist sozusagen ein Nachfahre des Hoftheaters Detmold, wo Lortzing 1826 als Sänger, Dirigent und Schauspieler arbeitete. Grund genug für das Landestheater, immer ein bisschen Lortzing-Renaissance zu betreiben.
Vielleicht etwas zu gut hat es mit dem Wort Renaissance auch Regisseur Wolf Widder gemeint, der mit seiner Kostümbildnerin Petra Mollérus in die historische korrekte Zeit, also in das späte Barock, hineinschaut. Die Trachten und Kostüme sind allesamt sehr ansehnlich. Dass der Marquis von Chateauneuf ein bisschen wie ein Abklatsch von Louis XIV über die Bühne stolziert, und der englische Gesandte mit einem Haken statt einer Hand ausgestattet ist, zeigt, dass es dem Regieteam vor allem um die komische Seite des Werkes geht. Allerdings ist das stellenweise eher ein kleiner Rückschritt in alte Verhaltensmuster. So hopsen die Sänger immer wieder quietschvergnügt über Bühne und tanzen Ringelrei. Stellenweise grenzt das fast an Parodie, aber: Es bereitet gute Laune. Einige gelungene Pointen sorgen dafür, dass man sich nicht zu sehr in einem holländischen Kasperletheater wähnt.
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Einziger Eingriff in das Werk ist eine Erzählfigur namens Cornelius, der quasi als Fremdenführer beginnt und so gut wie alle Dialoge ersetzt. Mathias Eysen macht das sehr gut, muss aber am Ende zu oft über den falschen und richtigen Peter reden. Das Einheitsbühnenbild von Mollérus ist zwar ganz hübsch anzusehen, hat aber ansonsten keinerlei Überraschungen zu bieten. Die gibt es dafür zweimal im Finale: Das Ständchen auf Hölzern und Werkzeugen für den falschen Zaren ist eine positive Überraschung. Der sehr ungenau getanzte Holzschuhtanz in der Choreographie von Richard Lowe eher eine negative.
Weitaus besser gelingt dieser dem ersten Kapellmeister György Mészáros und dem Symphonischen Orchester. Der Abend wird dank ihnen zu einem glaubhaften Plädoyer für Lortzing. Mag das Orchester auch alles andere als fehlerfrei spielen, ist doch die Farbpalette und die Dynamik nur zu loben. Mit einem hohen Grundtempo folgt Mészáros der heiteren Inszenierung, doch in vielen Zwischentönen legt er auch die Vielschichtigkeit der Komposition offen. Die Leichtigkeit des „deutschen Mozarts“, wie Lortzing oft genannt wird, stellt er ebenso dar wie die Möglichkeit, lustvoll mit dem Tempo zu spielen. Doch an einer Stelle wird das Orchester ganz still, die Bühne liegt im Schatten. Es ist der Moment, wo sich die Last der Krone offenbart und die Einsamkeit des Monarchen. „Und endet dies Streben und endet die Pein, so setzt man dem Kaiser ein Denkmal von Stein. Ein Denkmal im Herzen erwirbt er sich kaum, denn irdische Größe erlischt wie Traum.“ Ganz nachdenklich sitzt Bariton Julian Orlishausen an der Rampe, gestaltet diesen einzigen richtig ruhigen Moment des Abends so innig, dass dem Zuhörer die Tränen in die Augen steigen. Aber auch das Grimmige des Zaren, der auch wegen seiner Grausamkeit bekannt ist, führt er in den Stimmbändern.
Das übrige Ensemble folgt ihm auf hohem Niveau und viel Sinn für den Text. Wann hat man schon mal das Glück, zwei strahlende Tenöre gleichzeitig in einer Aufführung zu hören? Stephen Chambers liegt als windiger Franzose im Ensemble über den Stimmen. Markus Gruber ist mehr als nur Spieltenor, sein Peter Iwanow ist szenisch der Harlekin, vokal ein ernstzunehmender junger Mann. Katharina Ajyba pflegt als Marie die Kunst des niedlichen lyrischen Soprans. Kyong-Won Yu und Michael Zehe sind würdige Gesandte aus Russland und England. Die spielfreudige Brigitte Bauma fällt positiv als Witwe Browe auf. Frank Blees ist als Figur van Bett ein Pfund für sich, doch fällt er mit gebelltem Gesang gegenüber den anderen etwas ab. Chor und Extrachor in der Einstudierung von Marbod Kaiser sind in jeder Hinsicht großartig.
Das Publikum unterhält sich großartig, vor allem während der Ouvertüre, später aber auch im Sinne des Abends. Man kann förmlich spüren, wie die gute Laune steigt und dankt den richtigen Stimmungsmachern. Das Regieteam bekommt einen herzlichen Applaus. Dagegen werden alle Musiker auch ohne laute Bravo-Salven gefeiert und das vor allem lange.
In dieser Saison hat das Publikum in Detmold allerdings nicht viel von diesem Erfolg. Nur ein einziges Mal steht die Oper noch vor der Sommerpause auf dem Spielplan, wird aber in der nächsten Saison wieder aufgenommen, hoffentlich dann mit dem gleichen Niveau.
Christoph Broermann