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DIE SACHE MAKROPULOS
(Leoš Janáček)
Besuch am
19. Februar 2016
(Premiere)
Deutsche Oper Berlin
Viele Schriftsteller und Künstler haben darüber geschrieben und gemalt – es ist ein ewiges Thema, uralt zu werden und doch jung zu bleiben. So auch Leoš Janáček, der sich der 1922 geschriebenen Komödie von Karel Capek annahm und die Sache Makropulos eher in einen musikalischen Thriller umwandelte. Es ist ein echtes musiktheatralisches Werk – das Libretto ist wichtigster Bestandteil und treibende Kraft, da die wichtigsten Ereignisse nur in den Erzählungen stattfinden.
Die Geschichte beginnt demnach im späten 16. Jahrhundert, als Kaiser Rudolf II seinem Leibarzt Hieronymus Makropulos den Auftrag gibt, ein Elixier zu mischen, um das Leben um 300 Jahre zu verlängern. Nachdem der Arzt eine solche Mixtur erstellt hat, soll er es aber erst an seiner Tochter Elina ausprobieren. Diese fällt in tiefen, todähnlichen Schlaf. Der Arzt wird ins Gefängnis geworfen. Elina erwacht aber einige Tage später und lebt … mindestens bis ins Jahr 1922. Nun ist aber in diesen 337 Jahren das Rezept längst verloren gegangen. Nur Emilia Marty, alias Elina Makropulos oder kurz EM, in ihrer gegenwärtigen Identität als gefeierte Opernsängerin, weiß noch, wo es zu finden ist. Und zwar in einem Schrank auf dem Gut ihres ehemaligen Lovers, mit dem sie auch ein Kind hatte. Der Nachfahr dieses Kindes ist der jetzige Anwärter auf das beanstandete Vermögen in dem Fall Prus versus Gregor. Dieser komplizierte Prozess läuft schon seit fast 100 Jahren, und dieser Tage soll das endgültige Urteil gefällt werden. Emilia Marty bringt Schwung in die verstaubten Akten, in dem sie genaue Hinweise gibt, wo sich das echte Testament befindet. Als Gegenleistung will sie einen bestimmten versiegelten Brief, eben das Rezept für das Elixier. Sie weiß, ihre Zeit geht zu Ende, und sie muss wieder den Trunk einnehmen, falls sie noch weiterleben will. Eine finstere Gestalt aus ihrem letzten Leben deutet an, dass die gegenwärtige Diva nicht die ist, die sie vorgibt. Im fast melodischen zweiten Teil der Oper gibt dann Marty die Wahrheit ihrer Herkunft preis und realisiert auch, dass ein ewiges Leben vielleicht doch nicht so erstrebenswert ist.
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Regisseur David Hermann lässt seinen Ausstatter Christoph Hetzer ein geteiltes Puppenhaus für den ersten Akt bauen – die „echte“ Emilia Marty befindet sich in einer steril eingerichteten Kanzlei, sieht ihr gelebtes Leben stummfilmähnlich in der gegenüber liegenden Hälfte der Bühne ablaufen. Die Ästhetik der späten 1920-er Jahre zieht sich in den darauffolgenden Bildern durch, bis hin zur auffallend unerotischen Unterwäsche der fünf Emilia-Marty-Reinkarnationen, die stumm ihre Geschichte bebildern. Diese Gestalten und auch Marty versagen letztendlich dem grotesken Verwirrspiel um das ewige Leben.
Evelyn Herlitzius ist besonders überzeugend in dieser Rolle, sowohl stimmlich wie darstellerisch. Zart und zäh zugleich, glamourös und egoistisch, ihr strahlender Sopran ebenso ausdrucksstark wie ihre Bühnenpräsenz. Dagegen verblassen die männlichen Rollen, die allesamt nur die schöne Frau begehren und besitzen wollen. Allein der feinfühlige Tenor von Ladislav Elgr als Albert Gregor, dem vermeintlichen Erben, und die gruselige Harlekingestalt des Hauk-Sendorf von Robert Gambill stechen hervor. Ebenso der klare Sopran von Jana Kurucová, die als junge Sängerin Krista ihrem Idol Emilia Marty so gerne nacheifern würde.
Generalmusikdirektor Donald Runnicles treibt das Geschehen im Graben voran, Janáčeks Klangbild wird fast wie ein expressionistischer Soundtrack empfunden. Verführung und Distanzsuche, Dominanz und Zärtlichkeit sind deutlich zu hören.
Das Publikum feiert Evelyn Herlitzius mit großer Anerkennung für ihre brillante Leistung. Auch der Rest des Ensembles wird gefeiert, besonders Runnicles. Das Regieteam erntet lautstarken Beifall, nach einigen anfänglichen Buhs. Man darf auf die Weiterführung der Janáček-Werke an der Deutschen Oper gespannt bleiben.
Zenaida des Aubris