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Über 50 Jahre liegt die legendäre deutsche Erstaufführung von My Fair Lady im Theater des Westens zurück und fast 10 Jahre die letzte Produktion des Musical-Evergreens in Berlin. Das war anno 2008 im Admiralspalast, Regie führte Peter Lund. Nun ist My Fair Lady zurückgekehrt, natürlich in die der leichten Muse so aufgeschlossenen Komischen Oper. Zurückgekehrt ist auch der ehemalige Intendant Andreas Homoki, um an seiner früheren Wirkungsstätte erstmals ein Musical zu inszenieren.
Frank Philipp Schlößmann hat die bis auf die Brandmauern leere Bühne mit Grammophontrichtern in verschiedenen Größen bestückt. Aus einem krabbelt Eliza zu Beginn heraus, später dient eine überdimensionale Version auch als Rutsche für den Auftritt von Tänzerinnen im Stil der Zwanziger Jahre. Mehrere Plüschvorhänge ermöglichen schnelle Szenenwechsel, mal begrenzen sie die Vorderbühne, mal erzeugen sie die Illusion einer großen Revue. Das Revival wird ungekürzt, mit vollem Orchester und dem Originaltext von Robert Gilbert gegeben. Der allerdings wird im deftigen Berliner Jargon gesprochen, was insofern kurios klingt, weil ständig von London die Rede ist. Das aber ist die einzige Veränderung, die Andreas Homoki My Fair Lady angedeihen lässt.
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Sonst läuft die Geschichte wie am Schnürchen in vertrauten Bahnen ab und wechselt wohl kalkuliert zwischen pointiertem Kammerspiel und Show. Die Arbeiter sind durchweg liebenswert und die Gesellschaft blasiert, wie man sich vornehme Leute so vorstellt. Alle sind stilsicher von Mechthild Seipel eingekleidet; die fesche, aber konventionelle Choreografie verantwortet Arturo Gama. Das Ganze ist sehr nett und amüsant anzusehen, allerdings ohne satirischen Biss oder den leisesten Anflug von Eigeninterpretation.
Katharine Mehrling gibt ihr Debüt als Eliza. Sie hat alles, was das aufstrebende Blumenmädchen braucht: erst eine große Schnauze und ungezügelte Energie für die ordinäre Göre, dann Charme und Eleganz für die hoffähig gewordene Dame. Nur wirkt diese Eliza gerade im ersten Teil zu plakativ und auf äußere Effekte bedacht, ist mehr Musicalstar als kleine Verkäuferin. Dass Katharine Mehrling auch anders kann, zeigen die Szenen, wo sie zurückgenommen und zart spielt, besonders zum Ende hin, beim Abschied von Professor Higgins. Der wird von Max Hopp herrlich eitel und selbstgefällig dargestellt. Glaubwürdig gestaltet er den Schluss, wenn Higgins sich zu seinen Gefühlen zu Eliza bekennt und dadurch auch sympathische Züge bekommt. Als Elizas geschäftstüchtiger Vater Alfred Doolittle führt Jens Larsen vor, dass er mit seinem gewaltigen Bass auch Musical-Hits lässig vortragen kann. Vornehme Zurückhaltung zeigt Christoph Späth als Oberst Pickering, während Christiane Oertels dezent-patente Hauswirtin für das hohe Niveau der kleineren Rollen steht. Den stärksten Szenenapplaus aber bekommt Johannes Dunz: Mit verführerischem Schmelz singt er Freddys Evergreen In der Straße wohnst du, einen von Loewes unverwüstlichen Songs.
In der Komischen Oper werden sie von einem groß besetzten Orchester begleitet. Aus dem Graben ertönt ein prächtiger Sound. In der Premiere allerdings fehlt ihm noch der letzte Schliff. Unter der musikalischen Leitung von Kristiina Poska klingt die Musik oft behäbig und hinsichtlich Drive und Flexibilität noch ausbaufähig.
Viel Jubel für alle Beteiligten. Dass auch diese My Fair Lady ein Publikumsrenner wird, daran ist nicht zu zweifeln.
Karin Coper