Special: 50 Jahre Musiktheater im Revier
50 Jahre Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – ein immer noch avantgardistisches highlight der Nachkriegs-Architektur, ein Brennpunkt epochemachender Kunst mit den Blauen Reliefs von Yves Klein, ein Ort kommunikativen Musik-Theaters : Peter Rose, der langjährige Kulturdezernent der Stadt mit dem wohl gravierendsten Strukturwandel in der ehemaligen Kohle- und Stahl-Region, beschreibt die entscheidenden Phasen der kulturpolitischen Entwicklung des sensationellen Bauwerks mit seiner Bedeutung für das kulturelle Leben in der so gebeutelten Region.
Das interpretationsreiche Foto von Karen Stuke verdeutlicht die kommunikative Potenz des attraktiven architektonischen Meisterwerks. Und Bernd Alois Zimmermann („Die Soldaten“) schafft mit seiner „Photopsosis – Prelude für großes Orchester“ eine faszinierende klangliche Hommage für das Genie Yves Klein und sein „Blau“ im Gelsenkirchener Bau-Wunder!
Hans Drewanz dirigiert das Sinfonieorchester des Saarländischen Rundfunks am 31.10.1969, das Staatstheater Darmstadt brachte diese Aufnahme 1994 als CD heraus. In Gelsenkirchen scheint dieses großartige Werk zum „Lichteinfall“ auf die monochromen Farbflächen der Klein-Reliefs im Musiktheater im Revier unbekannt – obwohl es sich um eine Auftragskomposition der Gelsenkirchener Stadtsparkasse handelt! Opernnetz gibt die Gelegenheit zum Hören dieser aufrührenden Musik vom zarten Lichteinfall bis zum blendenden optisch-musikalischen Furioso!
Das Opera-Paradies
Peter Rose war von Dezember 1975 bis September 2000 Kultur-Dezernent der Stadt Gelsenkirchen. Er übte dieses Amt mit ungewöhnlicher Leidenschaft aus, war immer präsent in seinem Dezernat - und steuerte das Schiff "Musiktheater im Revier" durch wirbelnde Wasser und bedrohliche Untiefen - sprich: Er war der spiritus rector der wohl ungewöhnlichsten Geschichte eines deutschen Opernhauses..
opernnetz: Anno 1959 besang Georg Kreisler Gelsenkirchen als „Grubengas-Paradies“, die Stadt hatte die höchste Zechendichte in Europa, es war eine „Malocher-Stadt“ mit Malocher-Kultur. Wie war es möglich, zu dieser Zeit in Gelsenkirchen ein Opernhaus zu realisieren? Und dann auch noch ein so avantgardistisches, das auch heute noch mit den spektakulären blauen Yves-Klein-Reliefs ein Wallfahrtsort für Architekturkenner weltweit ist?
Rose: Als im Dezember 1959 das neue Theater der Städtischen Bühnen Gelsenkirchen feierlich eröffnete wurde, war dies gewissermaßen ein Dank der Stadt an ihre Bürgerinnen und Bürger, die, überwiegend als „Malocher“, unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkrieges die zerstörte Stadt wiederaufgebaut und in Bergbau und Schwerindustrie mit ihrer Arbeitskraft die Voraussetzungen für das so genannte „Wirtschaftswunder“ geschaffen haben. Es wurde aber nicht nur „malocht“, sondern schon ab Juli 1945 auch wieder in provisorischen Spielstätten Theater gespielt und konzertiert. Die Einwohnerzahlen hatten sich von 1939 bis Kriegsende auf 160.000 halbiert, stiegen aber im Laufe des Jahres 1945 auf 236.000 an. 1950 (bei 315.000 Einwohnern) wurden die freien Theateraktivitäten unter „Städtische Bühnen Gelsenkirchen“ zusammengefasst und die künstlerische Leitung 1950/51 einem Generalintendanten für die Sparten Schauspiel und Oper übertragen. Als ein paar Jahre später das Ballett hinzu kam, hatte die Stadt Gelsenkirchen zwar die Struktur eines klassischen Stadttheaters mit drei Sparten, aber kein Theater.
Während die Stadt prosperierte, stiegen mit den Einwohnerzahlen (1955 waren es 370.000), stiegen auch die Zuschauerzahlen des Theaters an. Die Raumnöte des Drei-Sparten-Theaters wurden offenkundig und waren nicht länger zu ignorieren. Im Vertrauen darauf, dass sich die positive Wirtschafts- und Stadtentwicklung fortsetzen würde, beschloss der Rat der Stadt 1955 für seine „Städtischen Bühnen“ mit den Sparten Schauspiel, Oper und Operette ein Theater „neuen Typs“ zu bauen. Diese Chance nutzte der damals 32-jährige Architekt Werner Ruhnau vehement und konsequent, um seine Vorstellungen von einem Stadttheaterbau zu verwirklichen. Ein feudal-pompöses Opernhaus war nicht gewollt, wohl aber ein Haus für die darstellenden Künste mitten in der Stadt und für alle Menschen offen. Werner Ruhnau wollte der Spiel-Idee einen Raum verschaffen, und zwar ganz im Sinne Friedrich Schillers: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt!“ – auf den Bühnen, in den Foyers und auch im Außenraum in einem urbanen Umfeld rund um das Theater, in der Stadt, wo sich auch das Leben abspielt.
Der Ruhnau-Theaterbau ist auf der Höhe der Zeit entstanden. In ihm verbinden sich eindrucksvoll der neue Geist der noch jungen Demokratie in der Bundesrepublik und das künstlerische Wollen der Avantgarde im Nachkriegseuropa. Diese Integration von Kunst und Architektur war das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit, ja, eines lustvollen Zusammenspiels von Bauleuten und jungen zeitgenössischen Künstlern (Adams, Dierkes, Klein, Kricke Tinguely). Es war ein beispielhafter demokratischer Bau-Prozess, der in der offenen Bauhütte stattfand. Hier hat der junge Paul Maenz kräftige Impulse für seinen späteren Beruf als Galerist empfangen. Vielen Jugendlichen dieser Zeit ist es ähnlich ergangen. In den 1950er Jahren hat in Gelsenkirchen „Bauen sich ereignet als die Vision des Künftigen, das in der Geschichte zur Gegenwart wird“, wie es Adolf Arndt in einer Rede über „Demokratie als Bauherr“ formuliert hat. Diese Vision ist in Gelsenkirchen Realität geworden, weil die Stadtmütter und Stadtväter dem Baumeister Werner Ruhnau seinerzeit vertraut haben, damit kreative Menschen den neuen Geist der Demokratie und den Geist einer „europäischen Situation der Künste“ in den Bauprozess für ein Gesamtkunstwerk einbringen konnten. Beides hat sich im Theaterbau manifestiert.
So ist das Theater Werner Ruhnaus mehr geworden als nur ein Ort für die darstellenden Künste. Denn es symbolisiert eindrucksvoll, wie die Geschichte der Stadt seit 1945 mit dem Theater verknüpft war und, mit Höhen und Tiefen, immer noch ist. Mit der Eröffnung des Theaters 1959 war mit 390.000 Einwohnern sowohl der Höhepunkt der Nachkriegsentwicklung als auch gleichzeitig ein Wendepunkt erreicht. Denn seitdem sind die Einwohnerzahlen kontinuierlich bis heute um ein Drittel zurückgegangen. Damit wurde auch die Wirtschafts- und Finanzkraft der Stadt schwächer, was selbstverständlich auch Folgen für die kommunale Theaterpolitik hatte und weiter haben wird.
opernnetz: Stilbildende Intendanten und Entdeckungen hoffnungsvoller SängerInnen (ich erinnere an Luana de Vol) bestimmen die Hoch-Zeiten des Musiktheaters im Revier, verantwortet offenbar von einer stabilen städtischen Kulturpolitik in Kommunikation mit den Theater-Leitern – und aktiven Besucher-Organisationen. Erinnern Sie sich da an hervorragende Namen? Sie waren ja nicht nur ein engagierter sozialdemokratischer Präzeptor des MiR, sondern auch ein intensiv mitgehender Connaisseur des Opern-Lebens.
Rose: Seit 1950 haben alle zehn Generalintendanten ihre individuellen künstlerischen Akzente in den Spielplänen setzen und dementsprechend ihre Ensembles bilden können. Allerdings gab es 1966/67 eine folgenreiche theaterpolitische Weichenstellung, als der Opernfachmann Günter Roth zum Generalintendanten berufen und das Schauspiel abgebaut und eingespart wurde. Das Gelsenkirchener Publikum hat sich damit nie richtig anfreunden können. So kam es dann zur Theaterehe mit dem Bochumer Schauspielhaus, um die Musiktheater gegen Schauspiel auszutauschen. Aber auch das Musiktheater schwächelte trotz des anspruchsvollen Spielplans; vor allem mit klassischer und moderner Oper sowie der Verpflichtung prominenter Stimmen gingen die Zuschauerzahlen drastisch zurück. 1971 sollte mit einem „Trainerwechsel“ das Publikum zurückgewonnen werden. Und Günter Könemann schaffte es, indem er die Prioritäten zugunsten von Musical und Operette verschob, ohne allerdings die Oper im Gesamtprogramm zu vernachlässigen. Die eigenen musikalischen Produktionen dominierten jedenfalls eindeutig das Musiktheater.
Als ich Ende 1975 zum Beigeordneten der Stadt Gelsenkirchen gewählt wurde, musste ich mich als ahnungsloser Neuling unverzüglich um die Wiederbesetzung der Leitungspositionen von Theater und Orchester kümmern und Nachfolger für Günter Könemann und Dr. Ljubomir Romansky zur Spielzeit 1977/78 finden. Während Uwe Mund als neuer Generalmusikdirektor schon bald berufen werden konnte, gestaltete sich die Suche nach einem Generalintendanten zunächst ziemlich schwierig, bis mir schließlich Uwe Mund den entscheidenden Tipp gab: Claus Leininger, Schauspieldirektor in Mannheim. Wir führten mehrere intensive und offene Gespräche über die Zukunftsperspektiven des Musiktheaters im Revier in Stadt und Region. Im Sommer war der Vertrag unter Dach und Fach, so dass sich Leininger und Mund über den Spielplan und das zu bildende Ensemble verständigen konnten. Mit beiden „Generälen“ habe ich unzählige Gespräche geführt und dabei das Theater, vor allem die Besonderheiten des Musiktheaterbetriebes kennengelernt. Während sie mich mit den „Geheimnissen“ ihrer Kunst vertraut gemacht haben, konnte ich mich mit meinen Kenntnissen der Irrungen und Wirrungen kommunaler Kulturpolitik revanchieren. Daraus ist ein Verhältnis vertrauensvoller Zusammenarbeit entstanden, so dass ich meine Prellbock-Funktion zwischen Kunst und Politik stets effektiv im Interesse des Theaters wahrnehmen konnte.
Ich glaube, dass in der Aera Leininger/Mund das Musiktheater sein optimales künstlerisches Profil gefunden hat. Claus Leininger hat den „Spielraum“ des Ruhnau-Baues voll für „sein Musiktheater“ beansprucht und die Kooperationen mit dem Bochumer Schauspielhaus und den Städtischen Bühnen Dortmund wurden beendet. Ensemble- und Repertoirebildung und die Bespielung beider Häuser waren die tragenden Prinzipien. Hinzu kam die Sprungbrett-Funktion für junge Talente, die entdeckt und gefördert wurden. Er brachte junge Regisseure (u.a. Järvefeldt, Chundela, Pöppelreiter, Hilsdorf) und Bühnenbildner (u.a. Zimmer, Oberle, Leiacker) zusammen, um im Spiel auf der Bühne alte Geschichten neu zu erzählen. Bei allen Produktionen stand die Ensembleleistung, das „Mann- und Frauschaftsspiel“ im Vordergrund. Die Inszenierungen mussten stimmig sein – musikalisch, spielerisch und szenisch. In Gelsenkirchen wurde anspruchsvolles, modernes Musiktheater gespielt und kein Konzert im Kostüm in einem Opernmuseum zelebriert. Bernd Schindowski setzte mit seinem Ballett starke neue Akzente insbesondere für Kinder und Jugendliche und Carla Henius schaffte es mit ihrer musik-theater-werkstatt, das Publikum an neue Töne der „neuen Musik“ zu gewöhnen.
Gelegentlich wurden renommierte Gäste verpflichtet, um in (Gala-) Vorstellungen aus dem Spielplan-Repertoire oder an Liederabenden mitzuwirken. Es ist eine lange Liste bekannter Namen. Exemplarisch nenne ich die Sängerinnen Grace Bumbry, Helen Donath, Mirella Freni, Sabine Hass, Johanna Meier, Birgit Nilsson, Katia Ricciarelli, Leonie Rysanek und die Sänger Theo Adam, Giacomo Aragall, Peter Dvorsky, Manfred Jung, Kurt Moll, Karl Ridderbusch, Manfred Schenk, Ingvar Wixell.
Leiningers Programm hatte Kulturhauptstadt-Niveau! Von 1977 bis 1986 war das Musiktheater die unumstrittene Nummer 1 im Revier. Künstlerisch hatte alles gestimmt. Auch das Publikum war zurückgewonnen worden. Pro Spielzeit besuchten pro Spielzeit besuchten bis zu 240 000 Zuschauern in mehr als 330 Veranstaltungen das Musiktheater. Die Bindung der Besucher war stark: 30 % waren Abonnenten; 25 % erhielten ihre Karten über Besucherorganisationen, von denen allein der Theaterring der IG-Bergbau seinen bis zu 3300 Mitgliedern für 8 Vorstellungen Karten vermittelte. Das Konzept von Claus Leininger, „Musiktheater pur“ zu machen, war aufgegangen. Ein einmaliger Glücksfall für das Musiktheater – nicht nur in Gelsenkirchen.
opernnetz: In der Geschichte des MiR gab es auch dramatische Krisen – wie die gescheiterte Fusion mit der Wuppertaler Oper und die drohende Abwicklung des eigenen Orchesters. Wie kam es zu diesen existenzgefährdenden Situationen? Und: Welche Rolle spielte in diesen dramatischen Phasen „das Publikum“?
Gibt es da in Gelsenkirchen eine ganz besondere Symbiose von Besuchern, Theatermachern und politisch Verantwortlichen? Gibt es in der Stadt so etwas wie „kollektive Leidenschaft“ für das Musiktheater? Dann hätte Kreisler mit seinem „Schmäh“ ja eine – verkannte – Wien-Attitüde beschworen.
Rose: Mir war immer klar, dass dieses hohe künstlerische Niveau auf Dauer qualitativ wie quantitativ nicht zu halten war. Dafür hatten sich die wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Verhältnisse für die Stadtpolitik zu sehr verschlechtert. Der Strukturwandel ließ die Stadt nicht zur Ruhe kommen. Die Haushaltprobleme nahmen Mitte der 80er Jahre bedrohliche Ausmaße an. Das Theater war davon immer wieder betroffen. Ein vorsichtiger Versuch, im Hinblick auf den Bau des Opernhauses in Essen eine Theaterzusammenarbeit im mittleren Ruhrgebiet zustande zu bringen, scheiterte.
1986/87 begann eine lange Phase von Bemühungen, um über Strukturveränderungen den Betriebszuschuss für Musiktheater und Orchester zu reduzieren. Als Claus Leininger ans Staatstheater nach Wiesbaden wechselte und sein Nachfolger Mathias Weigmann die Leitung des Musiktheaters übernahm, wurde wieder über Strukturveränderungen diskutiert, um die Betriebszuschüsse für Theater und Orchester zu senken. Seine anspruchsvollen künstlerischen Pläne mit außergewöhnlichem Regietheater (Renate Ackermann, Christof Nel, Herbert Wernicke) verband Weigmann mit einem Konzept, das betriebswirtschaftlich nicht aufging. Er reduzierte die Zahl der Vorstellungen am Ort, um statt dessen mit Gastspielen zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Es war leider eine Milchmädchenrechnung. Die Besucherzahlen gingen in seinen beiden Spielzeiten von 1986 bis 1988 um 25 % unter 150.000 zurück, während der Betriebszuschuss pro Besucher um 63 % auf 186 DM anstieg. Hinzu kam, dass Weigmann sich abschottete und geradezu einigelte. Er war zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit weder mit der Belegschaft noch mit mir bereit.
1988/89 kehrte Ludwig Baum wieder ans Musiktheater zurück. Er hatte schon unter Claus Leininger als Dramaturg gearbeitet und kannte das Haus. Er hat als Generalintendant mit dem Verwaltungsdirektor, Peter Neubauer, das Musiktheater durch die Haushaltskonsolidierungswellen gesteuert und strukturelle Veränderungen herbeigeführt. So wurde das Theater 1993 von den Fesseln eines Regiebetriebes befreit und in einen Eigenbetrieb überführt. Diese Rechtsform gewährte dem Theater größere wirtschaftliche Selbstständigkeit. Künstlerisch ist es Baum gelungen, mit neuen künstlerischen Programmlinien (z.B. Mozarts Da-Ponte-Opern, Regie Dietrich Hilsdorf), das Theater zu stabilisieren, so dass es auch mit den Besucherzahlen wieder aufwärts ging in Richtung 200.000.
Aber 1995 zwangen die Finanzprobleme den Rat erneut, ab der Spielzeit 1996/97 mittelfristig insgesamt 5 Mio DM in den Etats von Theater (4 Mio DM) und Orchester (1 Mio DM) einzusparen. Außerdem gingen wie überall die Besucherzahlen erheblich zurück. Da in Wuppertal die Lage ähnlich war, sahen sich die beiden Intendanten Holk Freytag (Wuppertaler Bühnen) und Ludwig Baum (Musiktheater im Revier) veranlasst, es ausnahmsweise nicht beim Protestieren zu belassen, sondern selbst initiativ zu werden und eine Fusion beider Theaterbetriebe unter dem Dach einer GmbH vorzuschlagen. Was dann ja auch geschehen ist. Statt zwei Ensembles gab es nur noch eins, das jedoch an den Bühnen beider Städte eine reduzierte Zahl von Inszenierungen produzierte, deren Vorstellungen zunächst am jeweiligen Produktionsort und dann im Austausch in der Partnerstadt gespielt wurden. Darüber hinaus wurde in Gelsenkirchen auch wieder Schauspiel angeboten.
Nachdem ein Zusammenschluss des Gelsenkirchener Orchesters mit der Philharmonia Hungarica (Marl) gescheitert war, vereinigten sich die Gelsenkirchener Philharmoniker mit den Westfälischen Sinfonikern aus Recklinghausen im Herbst 1996 zur Neuen Philharmonie Westfalen. Beide Fusionen haben für Gelsenkirchen die geforderten Einsparungen erbracht.
Während die Orchesterfusion bis heute fortbesteht und inzwischen in den Städten und in der Region fest verankert ist, war die Theaterehe zwischen Wuppertal und Gelsenkirchen nach den Kommunalwahlen 1999 politisch am Ende und 2001 geschieden. Die Entfernung von 50 Kilometern zwischen den Städten an Emscher und Wupper war anscheinend zu groß. Was den Namen „Schillertheater NRW“ angeht: ich habe ihn von Anfang an für eine Schnapsidee gehalten.
Danach wurde das Musiktheater im Revier wieder selbstständig und behielt die Rechtsform der GmbH bei. Das ist genau die Rechtsform, die mir immer vorschwebte, weil sie einerseits der Geschäftsführung mehr Verantwortung überträgt und mehr Autonomie gewährt, andererseits erweitert sie aber auch die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Theaterleitung.
Die am Musiktheater praktizierte Doppelspitze in der Geschäftsführung schafft klare Verantwortlichkeiten: für die Kunst ist der Generalintendant und für die Finanzen der Geschäftsführer zuständig. Das Führungsduo Theiler/Neubauer hat jedenfalls gezeigt, dass und wie es geht. Beide haben dem Musiktheater in den ersten acht Jahren des neuen Jahrtausends eine solide Basis verschafft. Peter Theiler hat als Generalintendant das wieder selbstständige Musiktheater künstlerisch in Stadt und Region positioniert. Seit 2008 hat nun Wolfgang Schulz das Steuer im Musiktheater übernommen. Es sollte ein gutes Omen sein, wenn sich das Haus an seinem 50. Geburtstag nach einer größeren Baumaßnahme renoviert und vor allem akustisch verbessert, mit Sang und Klang dem Publikum wieder öffnet.
(Die Fragen stellte Franz R. Stuke)
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