BACKSTAGE |
3 FRAGEN-3 ANTWORTEN
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Michael Hofstetter |
Michael Hofstetter wurde 1961 in München geboren und studierte am Richard-Strauss- Konservatorium seiner Heimatstadt Orgel, Klavier und Dirigieren. Seine Karriere begann er als Kapellmeister am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und als Generalmusikdirektor am Stadttheater Gießen (1997-1999). Michael Hofstetter war Professor für Orchesterleitung und Alte Musik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Heute gilt er als einer der meistgefragten und vielseitigsten Dirigenten seiner Generation und genießt einen internationalen Ruf als Experte für authentische Aufführungspraxis des 18. und 19. Jahrhunderts.
Mit Beginn der Saison 2012/2013 kehrt Michael Hofstetter als Generalmusikdirektor an das Stadttheater Gießen zurück.
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Zurück am Stadttheater
Die Fachwelt staunt, die Bürger der Stadt freuen sich: Nach internationaler Karriere geht Michael Hofstetter zurück an das Stadttheater Gießen. Der frisch gebackene Generalmusikdirektor erzählt, was ihn antreibt - und warum Gießen mindestens so gut ist wie London oder Wien.
Opernnetz Herr Hofstetter, Sie blicken auf eine internationale Karriere: In vielen großen Häusern dieser Welt haben Sie am Pult gestanden. Jetzt sind Sie - wieder - Generalmusikdirektor in Gießen. Gab es kein anderes Haus, das Sie als GMD haben wollte?
Michael Hofstetter Ich habe nicht primär einen Job als GMD gesucht. Ich war vor etwa zwei Jahren in der Situation, dass ich von 365 Tagen im Jahr an 340 Tagen unterwegs war, und es blieben vielleicht drei Wochen zu Hause in München. Ich wollte einfach nicht mehr so viel herum reisen. Es gab also entweder die Möglichkeit, weniger zu arbeiten oder wieder etwas Festes zu suchen. Und zwar wollte ich am liebsten an einem kleinen Theater arbeiten. Ein mittleres Theater hätte mich nicht besonders interessiert, und für eine richtig große Bühne habe ich nicht das richtige Repertoire, da muss man mehr Wagner und Strauß machen...
Opernnetz Sie gelten als ausgewiesener Experte für authentische Aufführungspraxis des 18. und 19. Jahrhunderts. Händel und Mozart sind auch an großen Häusern sehr gefragt. Wie kann es dazu kommen, dass Sie sich für ein vergleichsweise doch eher kleines Haus entscheiden, das Sie zudem schon kennen?
Hofstetter Ich hatte mit der Intendantin wegen eines anderen Projekts Kontakt, und so entwickelte sich alles. Mich reizte der Gedanke einer kleinen Bühne, einer Art Theaterfamilie. Wir können uns ja von dem alten Schema verabschieden, nach dem man sich an kleinen Häusern ausprobiert, um dann an ein großes zu wechseln, so dass an den kleinen Theatern die Leute entweder jung oder schlecht sind – das stimmt ja gar nicht. Es gibt ja überhaupt keine schlechten Ensembles und keine schlechten Orchester mehr. Ich will einfach nur spielen, und das will ich mit Menschen tun, die Lust haben mitzuspielen.
Opernnetz Cathérine Miville, Intendantin am Stadttheater, freut sich auf die Zusammenarbeit, sieht, so sagt sie, sie auch als Herausforderung. Sicher wohl auch von der Hoffnung beseelt, dass Sie Ihre internationalen Kontakte nutzen und ein wenig prominenten Glanz nach Gießen bringen. Ist die Hoffnung berechtigt, und wird der Rest der Welt zukünftig auf Sie verzichten müssen?
Hofstetter Ich habe mit der Intendantin die Abmachung getroffen, Regisseure und Sänger, mit denen ich in den letzten Jahren gearbeitet und eine engere Partnerschaft entwickelt habe, hierher mitzubringen. Auch dieses Vertrauen hat mich gereizt, nach Gießen zu kommen. Insofern habe ich an meiner Tätigkeit in Gießen eine große Freude, und ich habe weiterhin die Möglichkeit, gelegentlich auswärts zu dirigieren. Noch in diesem Jahr werde ich als Chefdirigent mit meinem Grazer Orchester „recreation“ arbeiten, die auch wieder bei Styriarte – dem jährlichem Sommerfestival für klassische und alte Musik in Graz – zu Gast sein werden. Auch werde ich Konzerte in Hannover und in Bremen dirigieren, dann im Theater an der Wien, wo ich mit der Camerata Salzburg arbeite. Im Dezember habe ich hier eine konzertante Verdi-Premiere, im Januar mache ich dann in London eine Traviata zusammen mit Peter Konwitschny.
Die Fragen stellte Christian Schütte am 7.9.2012.
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Das Stadttheater Gießen gibt es seit
1907. Es ging aus einer Bürgerinitiative
hervor, die eine feste Theaterstätte
forderte.
Mit Leidenschaft und Teamgeist:
Michael Hofstetter mag die "familiäre"
Atmosphäre des Gießener Theaters.
Mit "ungewöhnlichen Stücken, die zur
Größe der Bühne passen", konnte das
Theater Gießen in der Vergangenheit
punkten: Ausverkaufte Häuser sind
keine Seltenheit.
Fotos 1 und 3: Rolf K. Wegst
Foto 2: Werner Kmetitsch
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