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Klangschöner Psalm

WIE DER HIRSCH SCHREIT
(Felix Mendelssohn Bartholdy)

Besuch am
30. Januar 2016
(Einmalige Aufführung)

 

Mozartwoche,
Großes Festspielhaus, Salzburg

Eigentlich hätte genau hier Nikolaus Harnoncourt stehen sollen. Doch durch seinen bekanntermaßen vollständigen Rückzug vom Dirigentenpult aus gesundheitlichen Gründen bekam jetzt Pablo Heras-Casado bei der Mozartwoche den Zuschlag. Der 38-jährige Musiker, der nicht umsonst als vielversprechender Dirigent der jüngeren Generation gilt, nützt seine Chance bei diesem unverändert gebliebenen, wunderbar zusammengestellten Programm mit Musik ausschließlich von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Schon bei der Konzert-Ouvertüre Nr. 4 zum Märchen von der schönen Melusine op. 32 erlebt man im Großen Festspielhaus einen Farbenreichtum und einen idealen Kontrast zwischen den Sphären der menschlichen Welt und des Wasserreiches.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

„Das Beste, was ich in dieser Art komponiert habe“, so schätzte der Komponist selbst den 42. Psalm Wie der Hirsch schreit op. 42 ein. Und in der Tat ist die musikalische Sprache wie aus einem Guss. Die sieben abwechslungsreichen Sätze werden von den spielfreudigen Wiener Philharmonikern unter dem energiegeladenen und den gesamten Abend große Dynamik verströmenden Maestro mit Nuancenreichtum, dem klangschönen, homogenen, wortdeutlichen Arnold-Schoenberg-Chor, dessen Einstudierung der Künstlerische Leiter Erwin Ortner höchstpersönlich besorgte, zart und weich tönend, aber ohne Anflug des Sentimentalen präsentiert.

Dorothea Röschmann und Pablo Heras-Casado - Foto © Mozartwoche

Dorothea Röschmann, deren Interpretation nur anfänglich etwas manieriert wirkt, leiht den Soli ihren fülligen, kraftvollen, fassettenreichen Sopran. Unterstützt wird sie bei einem wunderbar gesungenen Quintett von dem Tenor Werner Güra und dem Bassisten Matthias Winckhler wie auch zwei Chorsängern, dem Tenor Dániel Árvai und dem Bassisten Marcell Attila Krokovay.

Schließlich kann Heras-Casado bei der Schottischen Symphonie die bestens disponierten Musiker zu Höchstleistungen animieren und enorme Spannungsbögen aufbauen. Dabei werden, inspiriert von einer Schottlandreise Mendelssohns in die Highlands, die wechselnden Atmosphären der einzelnen Sätze, die nebelverhangenen, dunklen Stimmungen episch erlebbar gemacht. Grandios musiziert werden auch die reichen koloristischen Elemente mit den folkloristischen Vorbildern im zweiten Satz und dem hymnischen A-Dur-Thema als finale Apotheose.

Kaum enden wollender großer Jubel im Publikum ist die Folge dieses Spitzenkonzerts.

Helmut Christian Mayer