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Foto © Michael Rathmann

Aktuelle Aufführungen

Moderner Klangmagier

MARIENFEST
(Claudio Monteverdi)

Besuch am
24. September 2016
(Einmalige Aufführung)

 

 

Festival Alte Musik Knechtsteden, Basilika

Mit einer prachtvollen Aufführung von Claudio Monteverdis Marienvesper in der voll besetzten Klosterbasilika endet der Konzertreigen des 25. Festivals für Alte Musik im Kloster Knechtsteden. Monteverdis anderthalbstündiges Werk, das wohl größte Chorwerk des frühen 17. Jahrhunderts, erfährt durch Hermann Max, ein zwölfköpfiges Vokalensemble und zwölf Musiker des Kleinen Konzerts eine musikalisch und stilistisch perfekte Interpretation, die die Modernität des Werks ungetrübt hörbar werden lässt.

Ungeachtet mancher Historikerstreitereien, ob die 1610 veröffentlichte Vesper als geschlossenes Werk oder als Mixtur aus fünf Psalmen, vier Concerti, einem Hymnus und einem Magnificat als frei verfügbares Sammelsurium für Marienandachten gedacht war, gibt es kein vergleichbares Werk dieser Qualität, das den Umbruch der Musik um 1600 so plastisch zum Ausdruck bringt. Relikte der klassischen Vokalpolyphonie verknüpft Monteverdi mit damals modernen Techniken der Monodie, also des affektbetonten Sologesangs, dem zentralen Ausdrucksmittel der Oper und des Oratoriums, den zwei wichtigsten neu geschaffenen Gattungen der Zeit. Experimente mit mehrchörigen Gesängen und eine farbige Instrumentation dokumentieren die aufgeschlossene Spielfreude, mit der Musik als sinnlich wahrnehmbares Klangerlebnis wahrgenommen werden sollte.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Die klanglichen Möglichkeiten schränkt Hermann Max freilich ein, indem sich auf dem kleinen Podest die mehrchörigen Effekte nur begrenzt entfalten können. Ebenso, dass er sich mit zwölf Solisten begnügt und auf einen Chor verzichtet. Das gerät der Aufführung allerdings nicht zum Nachteil. Der Klang strahlt in den Chorpassagen dennoch genügend repräsentativen Glanz aus und das Klangbild behält angesichts der halligen Akustik des Kirchenraums eine ausreichende Transparenz. Zudem sorgt das Kleine Konzert mit Zinken, Posaunen, Violinen sowie einer schillernd besetzten Continuo-Gruppe für eine eindrucksvolle Klangvielfalt. Geradezu pikant agieren die Musiker der Continuo-Gruppe an Orgel, Chitarrone, Violone und Harfe.

Foto © Michael Rathmann

Besonderen Wert legt Max auf die affektgeladenen Solo-Passagen, die aus Monteverdis drei Jahre zuvor entstandener bahnbrechender Oper Orfeo hätten stammen können. Es spricht für das Stilgefühl und natürlich die reiche Erfahrung von Hermann Max, dass er aufgesetzten opernhaften Pomp vermeidet und den Gehalt aus der Ausdrucksintensität der Musik entwickelt.

Das Solisten- wie auch das Instrumentalensemble bewältigen die Stilwechsel und Stimmungsbrüche des Werks mit absolut professioneller Sicherheit und Perfektion. Eine Aufführung, an der es nicht das Geringste auszusetzen gibt.

Entsprechend begeistert fällt der Beifall des aufmerksam zuhörenden Publikums zum glanzvollen Abschluss des 25. von Hermann Max geleiteten Festivals aus.

Pedro Obiera